Die Kolonistenfamilie Groh aus Neubarnim (Oderbruch)

Die Kolonistenfamilie Groh in Neubarnim im Oderbruch – der Weg zu dieser Erkenntnis war lang – und ist noch nicht zu Ende. Lange war über das Ehepaar Hermann Groh & Auguste Brosin nur bekannt, dass es existierte und mindestens drei Kinder hatte. Ich habe mich nun im Rahmen meiner Ahnenforschung etwas näher mit den beiden beschäftigt.

Bisher hatte ich nur in meinem Beitrag Meine Ahnenforschung – Neue Funde seit 2021 über die Recherchen zu dieser Familie berichtet. Da die Recherchen aber inzwischen so komplex geworden sind, gibt es hier nun einen eigenen Beitrag für das Thema.

Wenige Infos zu Beginn

Ein Sohn, August Wilhelm Julius Groh, wurde 1872 in Wriezen geboren und eine Tochter, Marie Luise Groh, (unsere Linie) 1879 in Trebus bei Fürstenwalde/Spree. Daneben gab es noch die Adoptivtochter Minna, von der nur der Name überliefert war. So der Stand der Dinge seit einigen Jahren. Vor einiger Zeit fand ich nun die Daten zu einer weiteren Tochter, die hieß ebenfalls Minna. Sie wurde in Frankfurt (Oder) geboren und starb vor Vollendung ihres ersten Lebensjahrs.

Nun gingen die Recherchen in den Frankfurter Adressbüchern weiter. Dort schaute ich nach Einträgen zu diesem Paar und konnte so den Tod der beiden Eheleute eingrenzen. Mit den ungefähren Jahresangaben wurde ich in den Frankfurter Kirchenbüchern und den Sterberegistern des Standesamt fündig. Ich forderte die Urkunden im Stadtarchiv Frankfurt (Oder) an.

Kreuz und quer durchs Oderland

Durch Zufall fand ich die Geburt eines weiteren Kindes des Ehepaars in Mehrow bei Ahrensfelde und den Tod eines möglichen weiteren Sohnes, der wohl in Altlandsberg geboren wurde. Seine Geburtsurkunde aus dem Kreisarchiv in Seelow bestätigte die Annahme. Die 5 Kinder des Ehepaars waren innerhalb von 15 Jahren immer in einem anderen Ort geboren worden: Wriezen – Mehrow – Altlandsberg – Trebus – Frankfurt (Oder). Woher die beiden Eheleute stammen, wußte ich zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht. Aber ich hoffte, die Sterbeurkunden gäben etwas her. Manchmal ist Ahnenforschung echt spannend…

Nachdem ich die angeforderten Sterbeurkunden der Eheleute aus dem Stadtarchiv Frankfurt (Oder) erhalten hatte, war nun auch die Herkunft der beiden geklärt. Hermann Groh wurde in Neutrebbin geboren, seine Frau Auguste Brosin in Alt-Landsberg. Geheiratet haben beide in Neuenhagen bei Berlin. Damit geht das Orts-Chaos weiter.

Anschließend fand ich noch eine weitere Tochter des Ehepaars, sie wurde 1869 in Königshof bei Alttrebbin geboren. Wieder ein Kind mit einem anderen Geburtsort… Nun gibt es nur noch eine Lücke im Leben des Ehepaars – die Zeit zwischen 1879 in Trebus und 1887 in Frankfurt (Oder).

Zu den neu entdeckten Familien gehört das Ehepaar Rosenthal / Bosinsky, deren Herkunft aber noch unbekannt ist. Zwischen 1806 und 1810 werden zwei Kinder in Alt-Landsberg geboren bzw. starben dort. Weder die Geburt einer Tochter um 1805, noch die Hochzeit der Eltern ist dort zu finden. Der Vater, Garnwebermeister Johann Friedrich Rosenthal, verließ im Jahre 1809 die Familie. Damit verliert sich die Spur.

Vorfahren von Carl August Hermann Groh

Es folgten weitere Recherchen nach den Vorfahren von Carl August Hermann Groh im reformierten Kirchenbuch Neutrebbin und im evangelischen Kirchenbuch Neubarnim auf Archion.de, seine uneheliche Geburt war dank der Urkunden aus dem Stadtarchiv schnell gefunden. In den Generationen davor, also auch bei seiner Mutter, fehlten allerdings viele Daten, wie Geburten bzw. Taufen. Das Datum bei zwei fehlenden Geburten wurde zwar in einer Randnotiz bei den Sterbefällen angegeben, war im Kirchenbuch selbst aber nicht auffindbar.

Zusammen mit Anja Hasse, sie hat in einer Nebenlinie ebenfalls Mitglieder dieser Sippe, konnten wir einige Puzzlesteinchen zusammensetzen, die auch nach Golzow und Alttucheband führen. Dank einer Akte aus dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv wissen wir nun, dass die Familie zu den Kolonisten gehörte, die nach der Trockenlegung des Oderbruchs in Neubarnim angesiedelt wurden: 2 Kurmärkische Kammer D 19869/1; Erbzinsverschreibungen für die Kolonisten zu Neubarnim; 1769-1770. Dort wird erstmalig ein Vertreter der Familie, Johann Groh, als Kolonist in Neubarnim genannt. Ihm gehörte dort zu dieser Zeit ein Kolonistengut mit 45 Morgen Land.

Kolonisten Oderbruch Groh Neubarnim 45 Morgen Land

Über die Herkunft der Familie schweigt sich diese Akte allerdings aus. Die Ahnenreihe aus den Daten des Kirchenbuchs und der Akte ergab nun:

Groh, Carl August Herrmann -> Groh, Johanne Friederike Wilhelmine -> Groh, Johann -> Groh, Johannes -> Groh, Johannes (der erste Kolonist)

Bei den Recherchen auf archion.de fiel mir folgendes auf: Die Kirchenbücher der reformierten Gemeinde in Neutrebbin „Trauungen, Bestattungen, Konfirmationen 1771-1854“ (dies ist laut KB Band V) enthalten auch Neubarnim. Die beiden Taufbücher der reformierten Gemeinde „Taufen 1771-1835“ (Band III) und „Taufen 1835-1854“ (Band IV) enthalten jedoch nur Neutrebbin. Die Frage die sich nun stellte, war: Existieren die Bände I und II dieses Neutrebbiner Kirchenbuches noch? Wenn ja, wo? Leider stellte sich heraus, das diese Bücher als Kriegsverlust registriert sind.

Von Albig in der Pfalz ins Kolonistendorf Neubarnim im Oderbruch

Durch Zufall fand ich auf ancestry.de das Buch „Auswanderung und Koloniegründungen der Pfälzer im 18. Jahrhundert„. Dort, auf Seite 135 in der Mitte fand sich der wichtige und richtungsweisende Hinweis, die Familie Groh in Neubarnim sei aus Albig in der Pfalz ins Oderbruch gekommen.

Die reformierten Kirchenbücher von Albig ab 1690 sind ebenfalls bei Archion online und enthalten einen Namensindex. Diesen benötigt man aber überhaupt nicht, denn eine Abschrift des Kirchenbuches Albig kann man als xls-Datei auf der Website der Gemeinde Albig herunterladen. Damit war die Auswertung der Kirchenbücher sehr einfach. Es müssen zwar noch einige Daten validiert werden, aber dort in Albig lässt sich die Linie bis zu einem um 1676 geborenen Dieterich Groh verfolgen. Dessen Sohn Johannes ist mit hoher Wahrscheinlichkeit unser Kolonist in Neubarnim.

Ein weiterer Sohn des Dieterich Groh, Johann Georg, wanderte um 1760 nach Marzahn aus. Dessen Familie gehörte zu den wohl 46 Kolonistenfamilien, die zwischen 1764 und 1772 dort angesiedelt wurden. Noch heute ist eine Straße in Berlin-Marzahn nach der Familie benannt, der „Grohsteig“.

Am 21.4.2022 fuhr ich ins Brandenburgische Landeshauptarchiv (BLHA) nach Golm (Potsdam) und sah mir einige Akten aus Neubarnim an. Gold wert war z.B. Das Blatt 10 des Grundbuches von Neubarnim – dort wurde bestätigt, dass Johannes Groh (Sohn des ersten Kolonisten) und Johann Philipp Groh Brüder waren. Das hatte ich vorher zwar schon vermutet, belegt war es aber noch nicht. Ein Ausschnitt ist hier als Beitragsbild zu sehen.

Eine kleine Anektdote aus den Akten im BLHA: Im Jahre 1805 brannte die Scheune von Johann Philipp Groh in Neubarnim ab, die Akte besagt: „[…] in der Nacht vom 12. bis 13. Februar in Neu Barnim ein Feuer ausgebrochen wodurch in der 10 Morgen Nahrung Nr. 32 eine Scheune von 28 Fuß länge und 26 Fuß breit eingeäschert ist.

Die eingeleiteten Ermittlungen ergaben, „[…] zwar die eigentliche Ursach des Feuers nicht ausgemittelt worden, wohl aber der Verdacht entstanden ist, daß solches durch die vom Schulzen Groh geduldete liederliche Wirthschaft des Krugpächters Braun veranlaßt worden sey“. Dieser Schulze Groh ist entweder der Vater oder der Bruder des Geschädigten, er wurde für sein Verhalten bestraft: „Der Groh hat die ihm von Euch auferlegte Ordnungsstrafe von 10gr wohl verdient […]“.

Im Frankfurter Stadtarchiv habe ich die Ausgabe 207 der Märkischen Blätter (einer heimatkundlichen Beilage der Oderzeitung) von 1905 gefunden. Diese Ausgabe enthielt den Aufsatz „Die Kolonisten von Neu-Barnim im Oderbruch“. In diesem Artikel wurden folgende zwei Atteste abgedruckt, die Johannes Groh im Mai 1756 vom Albiger Pfarrer und vom dortigen Schultheiß erhalten hat. Leider ist im Digitalisat, das ich vom Archiv bekommen habe, eine Zeile nicht lesbar. Ich musste mir das Original also nochmal im Archiv ansehen.

Das Attest des Pfarrers Konrady aus Albig

L.B.G.

Vorzeiger Dieses Johannes Groh, gewesener gemeindsmann alhier zu Albig, und Anna Maria, dessen Eheliche Haußfrau, seind Mitglieder unserer nach Gottes Wort Evangl. Reformt. Kirchen, haben den ordentln. Gottesdienst fleißig besuchet, Verschiedentl. mit uns comminirt, auch sich sonsten, so viel wissend, seither Ihrem angetrautenen Ehestand, ohn Klagbahr aufgeführet; Weßwegen Ihnen dieses Zeugnis erteilet wird, damit Sie anderer orthen, sonderl. da Sie in das Königl. Preußische Pommern zu ziehen entschlossen, auch davor erkannt, und in die Gemeinschaft unserer Kirchen zum Gebrauch des h. Abendmahls auf und angenohmen werden mögen, wozu man Sie dann hiermit Treulichkeit und Bestens, wie auch der göttl. Gnaden Obhut, empfiehlet.

Albig, d. 17. Mai 1756.

J. Konrady,
Evangl. Reformt. Pfarrer dahier.

Das Attest des Schultheißes bzw. des örtlichen Gerichts

Nachdem Vorzeiger dieses der allhiesige gemeinds Mann Johannes Grohe mit weib und seinen Zwei Kindern Von Hier ab- und ins Preußisch Kurmärkische sich zu begeben und allda Nieder zu laßen intentioniret, weßfals sich der Leibeigenschaft, so derselbe Curpfalz zugethan warr, behärrend Loßgekauft, den Manumissionsschein aber wegen dem, da sein hauß und güther Käufer das darzu erforderliche geld nit beibringen könne, nit zu Händen bekommen hat; Da Nun derselbe ein Atestatum seines und deren seinigen bißherigen Verhaltens Vonnöthen haben möchte, als haben hiermit nit ermanglen können zu attestieren, daß Mentionierter Johannes Grohe und deßen Ehefrau Einer Ehrlichen geburth und herkommens, auch sich mit weib und Kindern in hiesiger gemeind Ehrlich ernehrt und gegen Jeder Mann, wer derselbe auch gewesen seyn mit bescheidenheit derengestalten aufgeführt, daß ihm und denen seinigen mit wahrheit nichts widriges können aufgebürdet oder nachgeredet werden, Weßwegen derelbe, wohin er etwa sich Niederlaßen Möge, als ein Treu und Ehrliebender unterthan aufgenommen, und in seinem Vorhaben bestens befördert zu werden — nicht weniger mit denen seinigen allerorth frey und ohnaufgehalten paß- und repaßirt zu werden meritiret.Urkundlich dessen ist gegenwärtiges attestatum von schultheiß und gerichten nebst Vordruckung des hiesigen orths gewöhnlichen gerichts Insigels unterschrieben und Corroborirt worden, so geschehen zu Albig Churpfaltz oberamts Altzey, d. 16ten May 1756.

Vetter Wölk schultheiß
Heinrich Mann des gerichts
Andr. Hartleb des gerichts
und gerichtsschreiber

Update vom 20.07.2022

Ich habe mich nun doch dagegen entschieden, die u.g. Kopien des Sippenrundbriefs zu bestellen. Brandenburger Linien sind nicht enthalten und die ältesten Kirchenbücher von Albig wurden schon 1690 vernichtet, so dass also auch in den 1930er Jahren schon keine älteren Daten mehr vorhanden waren.

Die fragliche Hochzeit des Johannes Groh im Jahre 1753 in Dittelsheim ist inzwischen bestätigt. Das Buch „Auswanderungen aus Rheinpfalz und Saarland im 18. Jahrhundert“ von Werner Hacker habe ich mir über die Fernleihe der Stadtbibliothek bestellt, um eine Quellenangabe daraus auflösen zu können. Mal schauen, was dabei noch rauskommt.

Offene Punkte

Noch ist die Geschichte der Familie noch nicht zu Ende erzählt. Ich stehe in Kontakt mit der Gemeinde Albig, mal schauen, ob es dort noch weietre Daten zur Familie gibt. In Hessen existierte bis 1945 ein „Verband der Sippen Groh“, der auch einen „Sippen-Rundbrief“ mit Ahnenreihen etc. verschickte. 15 Ausgaben dieses Rundbriefes liegen im Staatsarchiv Leipzig, ich habe Ende März 2022 eine Mail dorthin geschrieben, die Antwort traf inzwischen ein: Es besteht die Möglichkeit, Kopien dieser 15 Rundbriefe zu bestellen.

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